Vom Baden in Lesbenmengen, Stolpern & sonstigen Schwierigkeiten beim Finden von Ständen & langen dunklen Gängen

Kathrin Lahusen

KAUFRAUSCH ODER PLEITE ?

Zur Situation der Ständefrauen auf Lesbenfrühlingstreffen u.ä.

Gerüchte (haltlos) :

— Die lesbische Konsumentin an sich ist kaufgeil und scheut nicht Zeit, Mühe und Nerven, um die Stände überhaupt erst einmal zu finden.
— Es gibt Lesben, die 2 Stunden auf einem Lesbenfrühlingstreffen etwas (?) verkaufen und dann mit DM 10.000,- nach Haus gehen.
— Jede Standfrau kann wunderbar von ihren Produkten leben, immer und überall.
— Ohne Stände sind Lesben/Frauenwochen und -treffen genauso lustig..
— Eine richtig 'politische' Lesben/Frauenwoche kann nur ohne Handwerksstände pc sein.

Lesben für Lesben !

Lesben, die sich entschieden haben, (auch) Produkte für Lesben herzustellen, haben eine politische Entscheidung getroffen. Wir sind daraufangewiesen, auf den jeweiligen Lesbenfrühlingstreffen und -wochen verkaufen zu können. Der Lesbenfrühling ist deshalb besonders wichtig, weil dort das größte Treffen einmal pro Jahr in der BRD stattfindet. Möglichst viele Lesben sollen dort alle Angebote zu sehen bekommen, deshalb wollen wir zentral und alle zusammen ausstellen können.
Falls auf einem Lesbenfrühlingstreffen etwas schief geht, wie z.B. auf dem Hamburger Lesbenfrühling (wir standen schließlich auf der grünen Wiese und mußten aufgrund des typische norddeutschen Wetters und den daraus entstehenden Wasserschäden, den Verkauf einstellen und retten, was zu retten war ...), können wir nicht in Kürze auf z.B. eine Öko-Woche fahren, und damit rechnen, dieselbe Anzahl Lesben zu treffen.
Wir wünschen und fordern, daß alle Lesben so einfach über unsere Stände stolpern, daß das Prinzip "Lesbengeld in Lesbenhände" ohne großen Aufwand umgesetzt werden kann.

Essen und Trinken

Auch wenn Lesben wenig Geld haben (Thema für ein Extra-Kapitel ..), gibt jede trotzdem mehr oder weniger viel Geld für kulinarische Genüsse aus. Deshalb ist es besonders wichtig, daß Lesben für die Essensstände engagiert werden, mit einem so umfassenden Angebot, daß die "Konsumentinnen" nicht in die Hetera/o-welt ausschwärmen, um dort ihr Geld zu lassen. Wenn Lesben die Essensversorgung gezielt selbst übernehmen, können Konzepte, Migrantinnen, Schwarzen und behinderten Lesben dort am Stand Jobs zu verschaffen, umgesetzt werden.

Kopf- und Handarbeit

Der uralte Konflikt, der in der unterschiedlichen Wertschätzung von Kopf- und Handarbeit begründet ist, ist in der Lesbenbewegung kaum weiter bearbeitet worden. Daraus resultiert, daß Veranstaltungen und Referentinnen ein hoher Stellenwert zugeschrieben wird und ein entsprechend großer Energieaufwand betrieben wird, damit alles klappt und sowohl ein Honorar wie auch Reisekosten gezahlt werden können. Es ist undenkbar, daß Referentinnen ihre Veranstaltungen in langen dunklen Gängen abhalten, wo die Teilnehmerinnen sie nicht finden, oder auch auf der grünen Wiese, wo sie je nach Wetterlage stattfinden können oder ausfallen müssen.
Bei den Ständefrauen ist dies alles zumutbar und noch mehr : denn wenn die Ständefrauen pfiffig genug waren "Gewinn" zu machen, dürfen sie — meist mit 10 % — das Lesbenfrühlingstreffen mitfinanzieren !

Schluß, aus, Ende

Es soll ja Lesben geben, die auf einem Lesbenfrühlingstreffen keine einzige Veranstaltung besuchen, sondern neue Kontakte knüpfen, Freundinnen treffen, sich die jeweilige Stadt angucken, in der Lesbenmenge baden und sich an den Verkaufsständen etwas Gutes tun. Die eine oder andere denkt sogar schon so weit, (Geburtstags-)Geschenke für die Daheimgebliebenen einzukaufen (bei Lesben, nicht später bei Heteras/os).
Was wäre eine Lesbenfrühlingstreffen ohne Bücher, Aromaöle, Pastenbrote, Schmuck, Postkarten, T-Shirts, Aufkleber, Zeitungen, Poster ... Nicht auszudenken — finden wir !

Gaby Kulpe (AnnaNym-Photodesign, Bremen); Alraune (natürliche Salben, Schweiz); Anke Schäfer (Feministischer Buchverlag, Wiesbaden); Anke Feja (Fotografin, Hamburg); Sabine Küster (ÄTNA; Berlin); Hanna Lindenberg (Silberschmuck, Großbritanien [!]); Heidi Hars (Göttinnenidole, Nortorf); UKZ (Zeitschrift, Berlin); Lesbenhof Oberpfaffing (Edelsteine u. A., Rossbach)

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