Tragisches Fragment aus der Delmenhorster
Literaturgeschichte

oder:

Es hat nicht sollen sein

zugleich Kapitel 1 aus der Geschichte des Verrats

     Karl Friedemann von Klopf, Julius Balthasar Schnarr, Johann Heinrich von Wuff und Caspar Goedewind van Swinekloet haben als einziges und somit auch wichtigstes Dichterquartett Delmenhorsts zu gelten.
     Von ihnen stammt die Sammlung inbrünstiger Gebete des letzten Oldenburger Statthalters in Delmenhorst während des Erbrechens nach zu reichlichem Genusse Bremer Bieres im Rahmen eines Adventgelages, durch welche die vier Autoren hofften, ihre jeweiligen Herzensdamen zu betören und darüberhinaus gutdotierte Posten als Amtspoeten am Hofe zu erlangen. In einem Brief Schnarrs an seine Geliebte Auguste Dorothea heißt es:

Delmenhorst, 3. XII. 1646

Du herzallerliebstes, verehrungswürdigstes, anbetungswürdigstes, zierlichstes u. geiles Luder!
[...]
Nun ist unsere »Sammlung inbrünstiger Gebete« in die Crisis geraten — nun wirds etwas werden so Gott will endlich nach all dieser Zeit, mein Hase, jedoch will ich nicht verhehlen u. muß es einmal anmercken daß es mir doch im Kopfe herumgehet wie der Graf wird können gleich vier Hofdichter einstellen wo ihm doch gantz eigentlich nicht viel gelegen ist an der Poeterey ...
[es folgt eine Klage über die kulturlosen, verfressenen und unmoralischen Zustände am Hofe]
... daher werde ich heut zum Vesperbrot den anderen Dreyen, so leid es mir tut, ein Mittel in das Bier geben müssen so sie verwirret und ihre Pläne als Hofpoeten zu reüssiren gleich vergessen macht ... um dass sie den Verstand nicht mehr recht werden zu brauchen wissen und herumirren sollen in den Gegenden und Gauen ... so wie es recht Delmenhorster Sitte ist, seine Freund´ nicht gleich zu tödten sondern noch zuvörderst andre Mittel anzuwenden ... bleib mir immer treu und verrat nicht mein Ansinnen, um dass wir können zusammen leben und in Ehren alt werden.

    Leider erlosch die Delmenhorster Nebenlinie des Hauses Oldenburg just in dem Augenblick, da sowohl der dreißigjährige Krieg wie auch die Sammlung inbrünstiger Gebete der vorerwähnten Meister beinahe beendet waren.
     Die drei verwirrten Autoren, ausgeschaltet von ihrem grausamen Kameraden, tauchten an verschiedenen Orten Deutschlands wieder auf — einer soll in das Haus Schwarzburg eingeheiratet, einer in Lübeck mit Fässern gehandelt und der dritte an der Zeugung Johann Sebastian Bachs teilgenommen haben.
     Aus den Inbrünstigen Gebeten, von denen nur wenige erhalten sind und diese auch nur durch Zufall (sie fanden sich in einem Stapel von Kriminalprotokollen »Aussage der Jungfer Auguste Dorothea betreffend die bevorstehende Vergifftung dreier Poeten vom 4.XII.1646«) :

Oh Kapaun was hast du mich
so abgefüllt so dick gemacht
was hast du meinen Pimmlerich
so schlaff gelassen diese Nacht
Oh Bremer Bier was drängst du ein
in meine dicke Plautze
besser noch als Branntewein
durch meine grosse Schnauze!
Oh Gott du weisst uns zu erhalten
du weisst wie Leben süsse schmeckt
wie ................. in allen Spalten
wenn man des Wirtes Tochter ........

(Einige Wörter sind nicht mehr zu entziffern)

     Es ist möglich, daß verstreut in deutschen Archiven noch weitere Bruchstücke der Inbrünstigen Gebete liegen oder daß die vorliegenden Verse gar nicht zu den Inbrünstigen Gebeten gehören.
     Die Forschung wird neue Ergebnisse jeweils vorlegen und hofft, daß auch andere Wissenschaftler auch benachbarter Disziplinen sich auf diesem noch viel zu wenig beackerten Felde umtun.

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