Paul Adler

Beweis des Bösen

     Beweis des Bösen, sogenannter Avorunscher Beweis, daß die Welt nicht des Vaters und des Gastes, sondern des Bösen ist : Unter Einflüsterung geschrieben.
     Geflüster : Die Welt ist ganz böse und ohne jeden guten Grund erschaffen. — Das ist ganz leicht zu erweisen, aber ich erweise es trotzdem nicht. Denn wenn ich den Grund davon aufdeckte und man ihn so leichthin einsähe, so sähe man damit auch den besondern guten Grund ein, aus dem die Welt böse erschaffen ist. Damit wäre sie dann weder ganz böse noch ganz grundlos mehr. Ich erweise also dieses nicht. Welches zu erweisen war.
     Darauffolgendes Geflüster : Die Welt ist die schlechteste aller möglichen Welten. — Nach dem ersten Satze ist die Welt ganz böse erschaffen. Wenn sie aber für ganz böse gelten soll, kann neben ihr keinesfalls eine noch schlechtere als nur möglich aber nicht wirklich angenommen werden, weil die wirkliche Welt eben damit gerade so viel Gutes hätte als Böses in ihr möglich, aber nicht wirklich ist. Darum muß diese böse Welt zugleich für die schlechteste aller möglichen Welten gelten.
     Innerstes Geflüster : Der Mensch ist dem Bösen, aus dem er entsprungen ist, ohne Rettung verfallen. — Ich mache dazu die beiden Voraussetzungen aus der Erfahrung : Der Mensch befindet sich nur allein in der wirklichen Welt. Ferner : Jedes Ding hat seinen Geist, der es beherrscht, nicht umgekehrt. Daraus schließe ich : Da die Welt ganz böse ist, so ist sie ihres eigenen bösen Geistes Knecht, und nicht umgekehrt ist sie seiner Herr, so daß sie ihn etwa aus ihren Diensten jagen könnte. Dies gilt auch von dem Menschen, der danach der schlechteste aller möglichen Menschen ist, und der es ganz hoffnungslos ist.
     Wut-Geschrei : Daß der Mensch auch niemals zu einer geringern Menge des Bösen gelangen wird, als die größte mögliche Menge alles Bösen ausmacht. — Ich beweise dies eben aus dem, was du, träumender Leib, von mir angenommen hast.
     Wutgeschrei : Daß der Mensch ein politisches Wesen und kein Weltverbesserer oder Narr ist, vielmehr ein solcher Besessener, der die Welt beständig zu verschlechtern trachtet. Folgt aus dem, was dein Gemüt bereits zugeben mußte.
Wutgeschrei : Daß es immer Kriege gegeben hat und immer geben wird. Daß der ewige Friede ein Traum ist und nicht einmal ein schöner. Ableitung wie oben, aus deinem Herzen.
     Hohngeschrei : Daß der Staat wie die kriegerischen Termiten in Avorun ein notwendiges Übel oder eine üble Notwendigkeit ist. Man kann aber auch sagen ein notwendiges Gut, da ja ein Gut eben das genannt wird, was zu seinem Zweck führt. Der Zweck der bösen Welt aber kann natürlich nur ein böser sein. Diese Bosheit, o Mensch, ist dein Vaterland.

     Hohn : Daß der Mensch des Menschen Spielball, die Gerechtigkeit freie Abmachung, Gott ein Torwart, die Behauptung des Grasplatzes der Zweck des gewaltigen Spieles ist. Endlich, daß das Recht ein bloßer Ausfluß der Macht ist. — Dieser Satz kann auch als eigener Hauptsatz unmittelbar aus dem ersten Zugeständnis abgeleitet werden.
     Letzte Einflüsterung : Unter Recht verstehe ich alles, was mir gegen andre recht und billig ist. Unter Unrecht verstehe ich darum alles, was mir von andern nicht recht oder mir zu kostspielig ist. Recht ist demgemäß alles, was vor mir bereits gemacht ist, an Gut sowie an Blut. Ich kann also den Satz, daß Recht Macht ist, auch als einfachen analytischen Identitätssatz dartun, wenn ich nur gemäß meiner Bosheit nichts anderes tue, als was mir hinreichend recht ist. Ich füge noch hinzu, daß nur Trunkene, Unverantwortliche und Wahnsinnige unter meinem Einflusse die Wahrheit reden können. Folgt aus aller erwiesenen Schlechtigkeit. Alle sind, mit Verlaub zu sagen, des Bösen Ziehkinder.

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