Daniela Lindemann

Grausam, wer einen Gott je gedacht ... !

Am Dunsthang, wo sich Vergessen und Verlieren gebären,
Steig ich durch den Vorhof des Nebels und hänge mein Herz an den Nagel.
Nur Weh will die Welt, nur mit Welkem und Schalem mir füllen den Mund.
Arg ist mein Stoßschritt gegen den Fels.
Aus dem Nebelglas trink ich. Aus Schwaden destillier ich den Stoff.
Im Nebelbuch les ich und verklär mir das Aug.
Nebel, ach nimm mir die Sicht !
Nebel, mich reut, daß ich liebte, daß das Auge mir glühte, das Herz sich verlor.
Nebel, Verstecker, Verrätsler, Bruder des Rauchs !
Dein Stiefbruder : Schaum. Deine Schwägerin : Gischt.
Nebel, du Übel der Reise, Hinstrecker des Wegs !
Du Vernichter, Aufhalter, Verzögrer !
Nebel : Weißeiter des Himmels, schimmelnde Luft !

Roh hängt mir´s Herz in dem Fleische. Wider und wüst ist mein Sinn.
Die Kiefer hocken hart aufeinander. Die Nase flügelt Verachtung.
Erbärmlich, daß Elend Welt wurde !
Verdruß und Qual ist das Jetzt, Vergangnes mager, die Zukunft verfault.

Leben ist Vorfreude zu enden.

Der Tag steigt ins häßlichste Kleide. Die Nacht ist nackt eine Schande.
Grausam, wer einen Gott je gedacht ...!
Ergriffen ist, verworfen der Mensch und Angst sein Brot in der Nacht.
Nebel, sei Watte, bedeck mir die Augen. Sie wunden.

***