Sven Regener

Sie haben das Recht auf einen Anwalt
oder
Göthe war gut

     Natürlich gibt es (und muß es in diesem Rahmen auch geben) Argumente für Göthe. Dinge, die für ihn sprechen. Hier einige Beispiele :

Vergnügen :

     Ich habe einmal einen alten Bekannten, Ex-Mitmusiker und Ex-Freund meiner Schwester, Gunnar S., in Hamburg gefragt, wie er Göthe findet, und er sagte : »Weiß ich nicht, aber die Wahlverwandtschaften habe ich mit großem Vergnügen gelesen«. Wer einem Manne wie Gunnar S., der ein sehr sehr netter Kerl ist, einmal Vergnügen bereitet hat, kann nicht ganz schlecht sein.

Musik :

     Es ist (aber im Sinne der Göthe-Verteidigung vielleicht nicht hinlänglich) bekannt, daß ein Gedicht von Göthe, der »Erlkönig« nämlich, eine sehr schöne Vertonung durch Schubert erfahren und somit Gutes bewirkt hat.1

Qualität :

     Es gibt ein Gedicht von Göthe (»Wanderers Nachtlied«, das aber koketterweise »Ein Gleiches« genannt werden will), das gar nicht mal so schlecht ist, wenngleich ein bißchen arm an Aktion.

Naturwissenschaften :

     Göthe hat sich immer um die Erforschung der Natur verdient zu machen versucht. Zwar hat nichts von dem, was er herausgefunden zu haben meinte, irgendeine Bedeutung erlangt, aber in diesem Fall zählt auch die gute Absicht, da er späteren Forschergenerationen all die Holzwege ersparte, die er selber beschritt.

Einfluß auf andere Künstler :

     Göthe hat viele namhafte Künstler inspiriert. Genannt sei hier etwa Rudi Carrell mit seinem Lied »Göthe war gut«, in dem er zu Recht darauf hinweist, daß Göthe im Bereich des Reimes zu vorzüglichen Leistungen fähig war (»...Mann, der konnte reimen...«). Und insbesondere was den Paarreim 2 betrifft, ist die Zahl der Nachfolger Legion. Aus der jüngeren Zeit seien hier nur Nena (»Ich habe heute nichts versäumt / Denn ich hab nur von dir geträumt«) und Udo Jürgens (»Rot blüht der Mohn und der Wind bewegt ein Meer von Blüten / Bald ist es schon nur weißer Staub in Plastiktüten«) beispielhaft angeführt.

Fazit :

     Göthe war nicht ganz schlecht und hat vieles bewirkt. Wer weiß, wie die Welt heute aussähe, hätte es Göthe nicht gegeben.

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1 Wenngleich dazu bemerkt werden muß, daß ein alter Freund von mir, Albrecht P., mit dem ich lange Jahre zusammenwohnte, und der Göthe immer verteidigt hatte (Albrecht stammt aus Hannover-Langenhagen...), über die Einstudierung eben dieses Musikstückes Göthe hassen lernte, indem er es wieder und wieder spielte und sang und dann, abrupt abbrechend, in mein Zimmer kam mit den Worten : »›Wer reitet so spät durch Nacht und Wind, das ist der Vater mit seinem Kind‹... — was für ein Blödsinn, was für ein unglaublicher Blödsinn...« Es ist bezeichnend und sollte uns alle beschämen, daß selbst Göthes gute Taten am Ende noch gegen ihn verwendet werden können, so da nur ein böser Wille ist !

2 Von einem Herrn G. abfällig als »Knittelverse, ich sage nur : Knittelverse« denunziert. Nicht gerade fair, Herr G. !