Der Mann mit dem Namen
Paul Gurk Warum soll man den Leuten Berlin, den 12. November 1952 Sehr verehrter Herr Fechter, Ihr freundlichst durch Vermittlung des
Verlages gespendeter dicker Wälzer hat unlogisch, aber doch tatsächlich,
das Herz etwas leichter gemacht. Die hohe Wertschätzung eines bedeutenden
Kritikers hat mich überrascht. Ich war schon daran gewöhnt,
als »Plüsch« von den Spitzen des Katers Murr abgeschrieben
zu sein, besonders von den weiblichen, so daß ich dankbar Ihre eindringliche
Würdigung mir einverleibt habe und mindestens zwei Tage etwas weniger
geduckt um die Ecken meines Nordens geschlichen bin. Erreichen werde ich
nichts mehr, und wenn ich mit Engelszungen redete. Ein Mann über
70 kann eben, falls er nicht Politiker oder Diktator ist, nicht zeitgemäß
sein, und daß ein Drama über Hammurabi etwa zeitgemäßer
sein kann, falls es etwas taugt, als alle Großreportagen über
Bombennächte, will man eben nicht begreifen. Das Ewige ist immer
zeitgemäß, das Zeitgemäße aber durchaus nicht immer
ewig, im Gegenteil : das Zeitgemäße steht dem Ewigen im Wege.
Haut oder Maske ist nicht das Entscheidende. Leider
habe ich z. Z. keine Pension und muß mich in der heutigen teuren
Zeit als Alleinstehender mit meinem Überbrückungsgeld um das
einfache Bestehen sorgen. Es scheint so, als ob ich noch recht lange auf
meine Pension für 28 Dienstjahre lauern muß. Die Personalakten
sind verbrannt worden. Der alte Beamte, der selbst im Kriege sehr oft
Dokumente verlieren mußte, soll eben von sich aus alles nachweisen.
Nun hat allerdings der Kultursenator Dr. Tiburtius, meine verlassene Einsamkeit
bedauernd, in Aussicht gestellt, daß — vielleicht, wenn die
Richtlinien erfüllt sind — zusätzlich zur Pension ein
gewisser Geldbetrag bewilligt wird; dafür soll ich aber nachweisen,
daß ich keine unterhaltspflichtigen Kinder habe, welche Miete ich
habe, wie hoch meine Pension ist. Das schmeckt also nach Sozialunterstützung.
Ich habe diese Form abgelehnt. Wenn meine Pension auch nur bescheiden
ausreicht, will ich gar nichts. Künstler ohne übernationale
Wirkung haben keinen Anspruch auf ein gutes Leben. Herzliche Grüße Ihr Paul Gurk Meine frühere Sekretärin sorgt und kocht für mich. *** |