Wie starb A. Z. ???
Attila Zoller,
der Heros der Roma-Jazzer, griff oftmals selbst zur Gitarre, um die Tafelmusik
zu konspirativen Treffen nicht nur des Irischen Frühlings
zu improvisieren. Kürzlich starb er — sagte Konzerte ab, war
aber merkwürdigerweise noch in der Lage, seine letzte CD in perlender,
unermüdeter Brillanz einzuspielen — und das auch noch ganz
allein ! Das alles sollte uns zu denken geben. Die letzte Platte von Attila
Zoller, so behaupten wir, hat in Wahrheit Koslowski eingespielt. Denn
Koslowski war auch Musiker, und zwar ein begnadeter.
Bereits mit Django Reinhardt und Stephane
Grappelly hatte Koslowski seit jenen Tagen in Prag so manchen Abend musiziert
— Koslowski hatte eine klassische Ausbildung, spielte virtuos die
Baßklarinette und wurde nicht müde, auf das Saxophon zu schimpfen,
das allenthalben dieses herrliche Instrument verdrängte (»Entengequak,
verfluchtes !«). Unvergessen für Eingeweihte bleibt Koslowskis
einfühlsame Bearbeitung von Das Thälmann-Bataillon
für Alphorn, Pikkoloflöte, Akkordeon, Viola da Gamba und Baßklarinette
und die symphonische Dichtung Der Zigeuner im Widerstand für
zwanzig Geigen, Kirchenorgel und Schlagwerk. Unvollendet blieb die Vertonung
seines Werkes Der Tod Lenins — wahrscheinlich deshalb,
weil er im Stillen die Hoffnung aufgegeben hatte, für dieses im Arbeitstitel
Kantate 1924 genannte Stück jemals einen Kinderchor mit
250 000 Sängern auf die Beine zu bekommen. Außerdem hatten
seine Berechnungen schließlich ergeben, daß die Kantate
1924, wollte man keine Kürzungen im Text vornehmen, eine Aufführungszeit
von neun Stunden gehabt hätte. Stattdessen wurde Der Tod Lenins
im Jahre 1950 zu einem schwarzweißen Stummfilm von 20 Stunden
Länge umgeschrieben. In diesem Film agieren die Schauspieler teils
mit Tiermasken, teils mit Masken aus dem antiken Theater. Alle sind nackt
(»Spart Kostüme, macht modernen Eindruck«). Drehort ist
Afrika. Anstelle der sonst im Stummfilm üblichen Dialogtafeln werden
Zitate Lenins in 100 Sprachen eingeblendet. Der Film soll mit dem Stück
La Paloma von einem Drehorgelspieler begleitet werden.
Der Allgemeinheit bekannt sein dürfte
jedoch höchstens The Girl from Ipanema, das Koslowski einst
in einer Kneipe an der Copacabana für eine einheimische Schönheit
schuf und das prompt von A. C. Jobim gestohlen wurde. Sicher stammt die
Animosität gegen die Gilbertos aus dieser Zeit — man kann jedoch
davon ausgehen, daß inzwischen ein finanzieller modus vivendi gefunden
wurde und sich Koslowskis heutiges wirtschaftliches Wohlergehen teilweise
hierdurch erklärt.
Überhaupt, amerikanische Fahrzeuge
waren stets Koslowskis Leidenschaft. »Die Amerikaner taugen nicht
in die Wurst, aber Motorfahrsachen bauen können sie«, sagte
Koslowski oft und gern. Wir erinnern uns an seine Harley- Davidson und
die Pick-up-Trucks, die er in Kanada verschliß.
Die Delmenhorster dk-Tippse wußte
sicher nicht, was ihr entging, welch sexueller Orkan am Volant saß,
als sie sich im Fond mit Koslowski unterhielt. Es mag auch die Tatsache,
daß sie schließlich in Hamburg-Wilhelmsburg ausgesetzt wurde
mit den Worten »Sieh doch zu, wie du weiterkommst, dumme Schlampe«,
obwohl sie es gewesen war, die am Rasthof Grundbergsee für knapp
400 Mark eine Tankfüllung bezahlen mußte, den Eindruck der
immer noch vorhandenen Attraktivität des alten Haudegens von Wieder
verwässert haben.
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